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  • 24. Juni 2023
    Der ungeliebte CO2–Preis

    Was macht der Eisbär, wenn der Eisberg schmilzt? Foto pixabay

    Dieser Artikel in der FAZ

    Warum es gute Ideen so schwer haben

    Die meisten Ökonomen stimmen darin überein, dass ein Preis auf CO2–Emissionen der beste Weg wäre, den Klimawandel zu bekämpfen. Ein Preis – wie alle Preise – ist effizient und fair, weil derjenige, der das Klima belastet, dafür auch bezahlt. Wem das zu teuer ist, die oder der kann nachdenken, wie sie oder er klimafreundlicher und kostengünstiger leben und wirtschaften mag. Eine Transformation der fossilen Welt über den Preis lässt sich mit einer CO2–Steuer oder mit dem Emissionshandel regeln.
    Doch der CO2–Preis hat es schwer. Er ist kontraintuitiv und kompliziert. Bloß die Ökonomen halten ihn für einfach und elegant. Die Menschen können keinen Zusammenhang erkennen zwischen einem höheren Spritpreis und dem Erreichen der Klimaziele. Politiker, die in der Pandemie mit dem Grundsatz »Follow the Science« ins Feld gezogen waren, hören in der Klimapolitik den Ökonomen zwar zu, halten sich aber nicht an ihren Rat. Lieber hantieren sie mit Verboten, Standards oder Subventionen. Deshalb gibt es das Verbrennerverbot, das Wärmepumpengesetz (offiziell »Gebäudeenergiegesetz«) oder den verordneten Ausstieg aus der Atomenergie – alles mit fixem Termin. Die politische Interventionsstrategie ging lange (scheinbar) gut, ist erst jetzt im Streit um die Wärmepumpen in die Krise gekommen, als jedem deutlich wurde, dass Klimaneutralität etwas kostet und jeden betrifft.

    Ich will wissen, woran es liegt, dass die schöne Idee des CO2–Preises außerhalb der Zunft der Ökonomen so wenig Zustimmung findet. Und wie man der guten Idee zu mehr Akzeptanz verhelfen könnte. Unterstützung hole ich mit bei Ottmar Edenhofer, dem Direktor des Potsdam-Instituts für Klimaforschung. Edenhofer ist kein Marktradikaler. Er ist lediglich ein guter Ökonom, der niemand nach dem Munde redet. Seit langem gehört er zu den schärfsten Kritikern der Klimapolitik der Ampel.

    Beginnen wir mit der Frage, warum Politiker nicht auf die Wirkung von Preisen vertrauen. Antwort: Sie wollen als wirkmächtige Entscheider wahrgenommen werden. Dies steht im Widerspruch zu wirkmächtigen Preisen, mit denen Kohlekraftwerke oder Dieselmotoren von allein verschwänden, wäre nur der CO2–Preis hoch genug. Der Markt würde dann auch dafür sorgen, dass alternative nicht-fossile Technologien zu attraktiven Kosten zur Verfügung stünden – im Vergleich mit den immer teuer werdenden fossilen Energieträgern.

    Die FDP verschweigt den Preis

    Ist nicht wenigstens die FDP ein Bundesgenosse bei der Vermarktung des Preismechanismus? Rhetorisch schon. So haben die Freidemokraten in den vergangenen Wochen stets ihren Widerstand gegen das Gebäudeenergiegesetz motiviert und sich als aufrechte Marktwirtschaftler dargestellt. Doch auch die FDP ist nicht aufrichtig, wenn sie zwar abstrakt über den Marktmechanismus spricht, aber die konkreten Auswirkungen auf den Geldbeute der Bürger verschweigt. Wenn es konkret wird, winken die Liberalen lieber mit klimaschädlichen Spritprämien oder Steuergeschenken für die Pendler.

    Ehrlich wäre es zu sagen: Will Deutschland bis 2050 tatsächlich klimaneutral werden, müsste der CO2–Preis deutlich schneller steigen und bis 2030 auf 200 bis 300 Euro pro Tonne ansteigen. Dieser Preis ist weit höher als die 55 Euro, die nach jetzigen Vorgaben die Tonne CO2 im Jahr 2025 kosten soll.

    Das führt zu einem rationalen Grund, warum Politiker lieber auf Vorschriften, Verbote und Subventionen setzen. Sie wollen den Preis der Transformation verschleiern. Im besten Fall soll es so aussehen, als könnte der klimafreundliche Umbau unserer Welt mit staatlichen Geldgeschenken beim Kauf von E-Autos oder der Wärmedämmung erreicht werden. Verschleierung ist eine rationale politische Strategie. Nichts fürchten Politiker so sehr wie die Transparenz von Kosten, denn das könnte zu Stimmverlusten bei der nächsten Wahl oder unmittelbar zu Protesten der Bürger führen. Dass auch Vorschriften und Verbote mit Kosten verbunden sind, wurde jetzt zum ersten Mal im Streit um die Wärmepumpe sichtbar. Dass die Angst der Ampel vor dem Stimmbürger rational ist, zeigen die gestiegenen Umfragewerte für die AfD.

    Verbote und Subventionen kommen beim Bürger gut an, Preise hält er für unnötig und unfair. Der Begriff »Steuer« ist für den CO2–Preis ein Problem. Es sieht nämlich so aus, als könne der Staat den Hals nicht vollkriegen und habe sich nur einfach eine neue Einnahmequelle ausgedacht, die er klimapolitisch camoufliere. In Wirklichkeit ist der CO2–Preis gar keine Steuer, sondern eine Art Ausgleichszahlung für die Kosten, die die Klimaschädigung verursacht (sogenannte externe Effekte) und ein Anreiz für Bürger und Unternehmer, sich vom fossilen Leben zu verabschieden.

    Klimageld zur Umverteilung

    Will der Staat beweisen, dass er die CO2–Einnahmen nicht verprassen will, könnte er das Geld gleich wieder an die Bürger in Form eines »Klimageldes« ausschütten. Das würde dem Marktmodell nicht nur zu Akzeptanz verhelfen, sondern auch Verteilungsgerechtigkeit herstellen und zugleich Anreize für den Umstieg setzen (ganz ohne ein Wärmepumpengesetz). Eine Beispielrechnung des »Mercator Instituts für Klimaforschung« geht so: Einer vierköpfigen Familie mit Einfamilienhaus auf dem Land würde in den ersten Jahren Klimageld in Höhe von rund 3000 Euro zufließen – während sich der Betrieb ihrer Ölheizung aufgrund der CO2–Abgabe lediglich um1500 Euro verteuert. Allerdings sinkt das Klimageld Jahr für Jahr – weil immer weniger fossile Brennstoffe verkauft werden, wenn sich Wärmepumpen und Elektroautos durchsetzen. Entsprechend weniger CO2–Abgaben landen im Klimafonds. Im Jahr 2040 etwa könnte die Musterfamilie wohl nur noch mit 1200 Euro Klimageld im Jahr rechnen – während ihre Heizölkosten mit 2200 Euro dann deutlich darüber liegen. Hierin liegt der Anreiz, früh auf eine klimafreundliche Heizung umzusteigen.

    Warum setzt das Gute sich nicht einfach durch? Weil Politiker lieber über hehre Ziele sprechen, hingegen die Strafe der Bürger fürchten, würden sie über die Kosten reden, die anfallen zum Erreichen dieser Ziele. Wie könnte man dem Guten zu seinem Recht verhelfen, ohne für ein autoritär-platonisches Staatsmodell der Weisen zu plädieren? Indem man zeigt, dass gerade die Ärmeren von einem Marktmodell am meisten profitieren. Verbote und Standards generieren keine Einnahmen, mit denen man Verlierer kompensieren kann, sie würden die Armen sogar überproportional belasten. Subventionen oder keynesianische Transformationsprogramme (USA) sehen wie ein Staatsgeschenk aus, sind am Ende aber viel teurer als ein effizienter CO2–Preis. Mithin liegt die Lösung in der kommunikativen Aufgabe für Politiker darin zu zeigen, dass der Markt fair ist. Und nicht nur dem Klima, sondern auch den Armen helfen kann.

    Rainer Hank